CDU in Bad Homburg findet Gründe für das Wahldebakel
Vorsitzender Bartsch mit großer Mehrheit bestätigt / Ruf nach neuem Politikstil


bie. BAD HOMBURG. Solle einer sagen, die Bad Homburger CDU bemühe sich nicht um frischen Wind. Allerdings erweist sich der Ventilator im Bürgerhaus Kirdorf als hoffnungslos überfordert damit, die schwülwarme Luft in Bewegung zu halten. Die hohe Temperatur ist allein dem Wetter geschuldet. Denn obwohl die Mitglieder zusammengekommen sind, um die verlorene Wahl aufzuarbeiten, die Bad Homburg im Herbst mit Michael Korwisi den ersten grünen Oberbürgermeister Hessens beschert, bleiben an diesem Abend hitzige Debatten aus. Nicht nur der lange, am Ende rhythmische Applaus nach der Rede des Parteivorsitzenden Thorsten Bartsch ist ein erster Hinweis darauf, wie die Antwort auf die von ihm gestellte Vertrauensfrage ausfallen wird. Jeder, der anschließend das Wort ergreift, wirbt um ein Zeichen der Geschlossenheit. Mit Erfolg: Am Ende bekommt Bartsch 114 der 131 Stimmen. 14 Mitglieder stimmen mit Nein, drei enthalten sich.


Gesprächsbedarf gab es in der CDU durchaus, nachdem die Partei zum ersten Mal seit 61 Jahren nicht mehr das Stadtoberhaupt stellen wird. Die Stichwahl am 10. Mai, bei der Amtsinhaberin Ursula Jungherr (CDU) mit 40,5 Prozent ihrem Herausforderer unterlag, bezeichnet Bartsch auf dem Parteitag als "unfassbar und für alle überraschend", obwohl sich das Ergebnis nach dem ersten Wahlgang angedeutet habe. Geredet wurde zunächst in sechs Stadtteilversammlungen im kleinen Kreis. Als Ergebnis nennt Bartsch zwei Theorien: Die einen hätten die jahrzehntelange Zerstrittenheit der CDU, die sich in den gescheiterten Bürgermeisterwahlen manifestiert habe, sowie den Alternativvorschlag des Vorstands verantwortlich gemacht. Dass Partei- und Fraktionsspitze im Dezember vergeblich versucht hätten, den Fraktionsvorsitzenden Alfred Etzrodt als Kandidaten durchzusetzen, habe ihrer Ansicht nach die Oberbürgermeisterin beschädigt. Nach der zweiten Theorie habe der Vorstand richtig gehandelt, denn Jungherr habe Schwächen bei Bürgernähe und Vermittlung der Themen gezeigt.

Für den Parteivorsitzenden selbst ist die Welt nicht schwarzweiß: Beides habe eine Rolle gespielt, die Denkzettel- und die Persönlichkeitswahl. Während die CDU bis zur Stichwahl auf die fachliche Qualifikation der Amtsinhaberin gesetzt habe, seien am Ende aber die "Emotionen und Bauchthemen" entscheidend gewesen. Korwisi habe sich bürgerlich, zusammenführend und "inhaltlich eher flexibel" präsentiert. Während die Opposition und die Bürgerinitiativen ohne Skrupel für ihre Interessen gekämpft hätten, so Bartschs Analyse, sei die CDU nicht motiviert genug gewesen. Zu oft habe die Union in den vergangenen Jahren den Eindruck gemacht, von oben herab zu regieren und die Bürgernähe verloren zu haben. Das fange beim Gerangel um einen 500-Euro-Zuschuss für den Verein "Frauen helfen Frauen" an und reiche bis zur Suche nach einem Krankenhausstandort.

Bartsch kündigt an, den Politikstil zu überprüfen. Die Union werde dem künftigen Oberbürgermeister den offenen, kritischen Dialog anbieten, zugleich aber den Finger dort in die Wunde legen, wo es nicht laufe. Den aktuellen Koalitionsvertrag werde die Union nach dem durchforsten, was sich bis 2011 verwirklichen lasse, und mit "Kompetenzteams" ein Programm für die Kommunalwahl aufstellen. Ergänzend sei ein "attraktives Personalangebot" nötig. "Gescheiterte Bürgermeisterwahlen müssen der Vergangenheit angehören", sagt Bartsch. Er bleibt nicht der Einzige an diesem Abend, der Konsequenzen für Abweichler in den eigenen Reihen fordert.


Text: F.A.Z., 02.07.2009, Nr. 150 / Seite 53